Kindergefängnis Bad Freienwalde n.e.V.

Schweriner Volkszeitung: MAHNMAL ERINNERT AN GRENZTOTEN HARRY WELTZIN

Ein Segment des drei Meter hohen Streckmetallzauns erinnert an Harry WELTZINs Tod am Morgen des 4. September 1983

Drei Jahrzehnte nach dem Tod des Republikflüchtlings Harry WELTZIN wird bei Kneese ein Mahnmal für DDR-Grenztote eingeweiht. Die Zeremonie findet am Sonnabend, 31. August statt, unweit der Stelle, an der er am 4. September 1983 ums Leben kam.

Für das Mahnmal wurden Originalteile der ehemaligen Grenzanlage aufgestellt. Nach Angaben von Michael Markus SCHULZ von der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) ist es die erste Gedenkstätte für DDR-Grenztote in Mecklenburg-Vorpommern. „Das Besondere an ihr ist, dass wir sie mit Jugendlichen und Betroffenen - ehemaligen DDR-Heimkindern und ehemaligen Insassen des einstigen Kindergefängnisses Bad Freienwalde - errichtet haben“, sagt SCHULZ. Es sei wichtig, auch die junge Generation hier mit einzubeziehen.

Der gebürtige Wismarer Harry WELTZIN war 1983 bei seinem Fluchtversuch durch eine Selbstschussanlage vom Typ SM 70 gestorben. Zwei dieser Anlagen wurden ausgelöst, als er ein Loch unter den Grenzzaun grub. 50 Meter trennten WELTZIN zu dem Zeitpunkt vom Staatsgebiet der BRD.

„Das Tragische ist und das ergaben Recherchen: Noch vor vier Wochen dachten Wismarer, dass Harry WELTZIN ein Selbstmörder gewesen sei und sich am Grab des Großvaters erhängt hätte. Es war damals eine komplett falsche Darstellung von seinem Tod in Umlauf gebracht worden - wahrscheinlich im Auftrag der Stasi“, sagt Michael Markus SCHULZ von der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft. Es existierten auch Gerüchte, wonach WELTZIN als Reservist bei einem Manöver ums Leben gekommen sei.

Der Mann, der sich mit dem Fall Harry WELTZIN näher beschäftigte, ist der Wissenschaftlter Prof. Dr. Stefan APPELIUS. Er sichtete Stasi-Unterlagen, sprach u. a. mit ehemaligen Arbeitskollegen WELTZINs. „Ich war sehr berührt, dass die Selbstmordgerüchte quasi bis zum heutigen Tage durch Wismar waberten und die Menschen nicht wissen, was für ein Schicksal Harry WELTZIN tatsächlich ereilt hatte“, so APPELIUS.

Den Fluchtplan des Wismarers bezeichnet APPELIUS als gut überlegt. Der Diplomingenieur habe Bolzenschneider, Campingspaten, Kompass, Taschenlampe, Gasfeuerzeug, Schokoladenkekse, Traubenzuckertabletten und eine Thermoskanne dabei gehabt. „WELTZIN trug eine Badehose und führte auch einen Schnorchel mit sich, um das letzte Stück in Richtung Schleswig-Holstein durch den Niendorfer Binnensee zu schwimmen. Er hatte auch für den Fall seines Todes Vorsorge getroffen, um den Hals trug der Leutnant der Reserve seine militärische Erkennungsmarke“, so APPELIUS.

Vor Gericht landete der Fall WELTZIN 1998. Die Staatsanwaltschaft klagte damals einen stellvertretenden Zugführer einer Pionierkompanie wegen angeblicher Beihilfe zum Totschlag an. Denn unter seiner Leitung waren im September 1979 westlich von Kneese und Bernstorf je 324 Minen verlegt worden. Das Verfahren gegen den Mann endete im Mai 2000 mit einem Freispruch.

Zur Person

Harry WELTZIN wurde 1955 in Wismar als Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren. Er besuchte von 1961 bis 1971 die Polytechnische Oberschule „Gerhart Hauptmann“ in Wismar, die er mit sehr guten Ergebnissen abschloss. Nach Lehre und Armeezeit studierte er an der Ingenieurhochschule Wismar Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Starkstrom. 1981 schloss er das Studium als Diplom-Ingenieur ab. Von 1981 bis Anfang 1983 arbeitete Harry WELTZIN als Diplom-Ingenieur für Projektierung auf der Werft in Wismar. Er verlor seine Arbeitsstelle nach einer Auseinandersetzung mit einem „leitenden Genossen“ an der Werft und entschloss sich zur Flucht in die Bundesrepublik.

Quellen: UOKG, BStU

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