Nachdem Rehabilitationsverfahren über viele Jahre erfolglos geblieben waren, wurden in der letzten Zeit mehrere ehemalige Insassen des DDR-Kindergefängnisses Bad Freienwalde vom zuständigen Landgericht Frankfurt (Oder) rehabilitiert. Nach 13 Jahren Auseinandersetzung mit Behörden und Gerichten hat inzwischen auch Roland Herrmann, der Sprecher des Vereins "Kindergefängnis Bad Freienwalde" die gerichtliche Rehabilitation erhalten.
"Nach den bleiernen Jahren der Ablehnung, vergeht nun keine Woche, in der sich nicht Betroffene bei mir melden. Wir sind alle überglücklich, dass unsere Unterbringung im Kindergefängnis jetzt endlich als Unrecht anerkannt wird," sagt Herrmann. "Das ganze Prozedere ist allerdings kein Ruhmesblatt für die Bundesrepublik Deutschland. 30 Jahre sind seit dem Mauerfall vergangen, bis wir endlich rehabilitiert wurden", kritisierte der Betroffenensprecher. "Viele von uns leiden bis heute unter körperlichen, aber vor allem auch psychischen Beeinträchtigungen, die durch die damalige Inhaftierung verursacht wurden", berichtet Herrmann.
2012 gründete Herrmann mit weiteren ehemaligen Insassen einen Betroffenenverein. Ein Mitglied klagte sogar erfolgreich vorm Bundesverfassungsgericht. In den letzten Jahren nahm der Verein auch aktiv Kontakt zur Landes- und Bundespolitik auf, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. "Wir möchten ausdrücklich Ministerpräsident Dietmar Woidke, dem ehemaligen Justizminister Stefan Ludwig (Linke) und der ehemaligen Landtagsabgeordneten Heide Schinowsky (Grüne) danken. Sie haben ihr Versprechen gehalten, uns jederzeit zu unterstützen", sagt Herrmann.
Seine Arbeit wird der Verein noch lange nicht einstellen. "Wir setzen uns weiter für die Etablierung einer Erinnerungskultur in der Stadt Bad Freienwalde ein", kündigt Herrmann an. "In der Stadt gab es bisher leider nur wenig Offenheit für das Thema Kindergefängnis. Das ist aber für uns Opfer kein adäquater Umgang mit der jüngeren Geschichte von Bad Freienwalde". Der Betroffenverein begrüßt es daher außerordentlich, dass sich der Bad Freienwalder Kurstadt-Dialog nun für eine Befassung in der Stadtverordnetenversammlung stark macht.
Unterstützung gibt es weiterhin aus der Politik. Der neue aufarbeitungspolitische Sprecher der bündnisgrünen Fraktion im Brandenburger Landtag Clemens Rostock versicherte gegenüber Roland Herrmann, "weiter an seiner Seite zu stehen"
Das frühere Gefängnis in Bad Freienwalde wurde 1968 der Jugendhilfe Frankfurt (Oder) zur Nutzung übergeben. Die Jugendhilfe machte es dann ohne Umbau, d. h. unter Beibehaltung des Gefängnischarakters, zum Durchgangsheim. Darin sollten Kinder und Jugendliche, die auf einen Heimplatz warteten, für maximal 18 Tage untergebracht werden. Diese Maximaldauer wurde jedoch nur selten eingehalten; viele Insassen waren unter unmenschlichen Bedingungen länger als ein halbes Jahr dort eingesperrt. Kontakte zur Außenwelt gab es nicht. Zudem war das Gebäude von einer hohen Mauer umgeben. Das jüngste eingesperrte Kind war 3 Jahre alt. Seit 2010 widmet sich der Verein "Kindergefängnis Bad Freienwalde e. V." der Aufklärung. Seit 2017 gibt es zudem ein Mahnmal vor dem ehemaligen Kindergefängnis in Bad Freienwalde. Seit 2018 ermittelt auch die Staatsanwaltschaft zu ungeklärten Todesfällen von Kindern und Jugendlichen, die während der Inhaftierung zu Tode gekommen sind.